Zur Künstlerin
Llewellyn Reichman wurde in Berlin geboren. Parallel zu ihrem Schauspielstudium (2012 – 2016) an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, begann sie mit der Performance-Gruppe „the Family“ unter der Leitung von Wojciech Kosma zu arbeiten, mit der sie u.a. in der Galeria Sinne Helsinki, in der Galerie Kamm Berlin, beim Oslo Europe Festival und in der Londoner Chisenhale Gallery auftrat.
Auf Einladung der Kuratorin Jeanne Graff performte Llewellyn 2014 in der Gruppenausstellung der Galerie 186f Kepler auf der Art Basel (u.a. mit Anne Imhof, John Armleder und Anne Dressen).
2016 trat Llewellyn im Rahmen der Performance GALA von Jerome Bell bei der Biennale Wiesbaden und im Mousonturm Frankfurt/Main auf.
Parallel zu klassischen Frauenrollen (Elisabeth von Valois, Antigone, Gretchen), die sie am Hessischen Staatstheater Wiesbaden in der Zeit von 2016 bis 2019 spielte, gründete sie ein Performance-Kollektiv (Leitung: Sigrid Skoetz) an der freien Spielstätte Exil im Walhalla. Die hier entstandenen Produktionen experimentierten mit radikalen Gestaltungsformen, um auf diese Weise Stoffe wie MACBETH oder HAMLETMASCHINE in ihrer Direktheit und ursprünglich intendierten Wucht erfahrbar zu machen.
Im Exil Walhalla entwickelte Llewellyn auch ihre ersten Solo-Performances, für die die Zusammenarbeit mit dem Fotokünstler Simon Hegenberg ausschlaggebend war. Als Ansatz wählte sie von Beginn an über Foto- und Videomaterialien Themenkomplexe wie Dystopie, Kreatürlichkeit und Geschlechterrollen in jeweils spezifische Poesie und Bildsprache zu übersetzen.
Bei Llewellyns erster Solo-Performance ORLANDO (2018) handelte es sich um eine, vom Werk des malaysischen Musikers Tzu Sing inspirierte Video-Kollage mit dazugehöriger Live-Performance. Passagen aus Virginia Woolfs gleichnamigem Werk (1928) schaffen in Kombination mit eigenen Texten und den Rhythmen der Musik einen konzerthaft anmutenden Rahmen. In ihm werden die Zuschauenden mit einem jungen Menschen konfrontiert, der sein ,Wesen‘ sucht, der ihm inhärente ,Seins-Gegensätze‘ erspürt und diese nicht länger unterdrücken will. ORLANDO wurde zu mehreren Festivals eingeladen, wie dem Young Urban Performance Festival in Osnabrück (2018) dem Unframed Festival Berlin (2019) sowie ins Atelier Frankfurt (2019) und das Z Common Ground München für den 3. Edit-a-thon im Rahmen des feministischen Minifestivals (2019).
2019 wurde Llewellyn als Nachwuchskünstlerin vom Goethe Institut gefördert. Auf Einladung der Performerin und Kuratorin Mamela Nyamza performte sie ihre Solo-Performance FOOL (2019) beim Vavasati international Womens Festival in Pretoria, Südafrika. Jeanne Graff lud sie ihrerseits in die Galerie 186f Kepler in Manhattan (NY) ein. Auftritte auf Festivals folgten. FOOL handelt vom ,Widersacher‘. Die Performance bricht mit stereotypen weiblichen Rollen und schildert die Suche einer Närrin nach ihrer Bestimmung, inmitten der neoliberalen Ströme identitätspolitischer Verwirklichung. Hierfür entwickelte Llewellyn eine Video-Kollage die, zugleich Bühnenbild und Klanginstallation dem Spiel einen Rahmen setzt, in dem die Live-Gestaltung immer wieder neu entwickelt werden kann.
Für die Performance META 2.0 (2020), die ausschließlich auf eigenen Texten basiert, entwickelte Llewellyn eine Klangkollage, die den Umgang des Körpers mit seinen Grenzen spiegelt und diese im Spannungsfeld von mythologischen und profanen Diskursen, etwa dem ,Körperkult‘ verortet. Die Verwendung von Materialien wie Folie, Plastik oder Sprühfarbe stehen in diesem Zusammenhang sinnbildlich für einen immanenten Verpackungs-, Erhaltungs-, und Konservierungsdrang/-wahn im Spätkapitalismus des 21. Jahrhunderts.
Das Engagement am Staatstheater Nürnberg von 2020 bis 2023 ermöglichte Llewellyn die Entwicklung und Austragung komplexer Rollen in Kooperation mit Theatermacher*innen wie Anne Lenk, Andreas Kriegenburg, Johanna Wehner, Jan Philipp Gloger, Joel Kiran und Jan C. Gockel.
Parallel hierzu veröffentlichte sie 2021 über das Label DUAT RECORDS ihre ersten musikalischen Produktionen CHANGE und BÜRDE unter dem Künstler*innennamen LLEWCCICI. Llewellyns musikalischer Output zeichnet sich durch industrielle Technobeats aus, in die Sprach-Samples eingewoben und in deren Rhythmen melodische Passagen mit der Querflöte integriert werden. Auf diese Weise erschafft sie experimentelle Klangfelder, die über poetische Text und Sprachfragmente und die Verwendung der klassischen Querflöte neue musikalische Zwischenräume kreieren. Für ihren Track BÜRDE entwickelte sie für den Ausstellungsfilm, 5.000 JAHRE IRAN im Berliner Pergamon Museum ein site-spezifisches Konzept, das in den Räumlichkeiten des Museums aufgezeichnet wurde.
2021 war Llewellyn zu den Young Theatre Days-Festival in Kleipedia, Litauen eingeladen und sie erhielt für ihre Klang-Installation zu ORLANDO eine Nominierung zum Berliner Hörspiel Festival in der Akademie der Künste.
2022 entstanden das Musikvideo SIGNS und der Titel ,Amaunet‘ für die Label-Compilation von DUAT RECORDS.
Llewellyns aktuelle Performance SIRENS (2023) feierte bei der Blauen Nacht am Staatstheater Nürnberg Premiere und wurde außerdem in Wiesbaden, Lille und Brüssel sowie, anlässlich des 20-jährigen Bestehens der ,Restrealität‘ – im Berliner Club ://about blank aufgeführt. Auf Einladung des Saint Muse Festivals in September dieses Jahres performte Llewellyn SIRENS in Ulan Bator, Mongolei. Hierfür erhielt sie eine Nachwuchsförderung des Goethe-Instituts.
Aus ihrer Kollaboration mit Florine Leoni und Juan Felipe Amaya Gonzales entstand der Performance Film „Notes from the dreaming Caracal“. Der Premiere feierte am 24. September 2023 in der Kunsthalle Basel.
Der Film „Eden 3030“ (Regie: Peter und Harriet Meining), in dem Llewellyn eine der Hauptrollen spielt, wird im Oktober 2023 auf den Hofer Filmtage uraufgeführt.*
* Als Filmschauspielerin wird Llewellyn von der Agentur Spielkind vertreten.